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Inklusion und Montessori

Ist die Montessori Pädagogik inklusiv? Und was bedeutet eigentlich Inklusion? Antworten auf diese Fragen findest du in diesem Beitrag.

„Der Weg, auf dem die Schwachen sich Stärken,

ist der gleiche wie der,

auf dem die Starken sich vervollkommnen.“

                                            Maria Montessori

Was ist Inklusion?

Hochbegabte besuchen Hochbegabtenschulen, Rollstuhlfahrer:innen werden an Körperbehindertenschulen geschickt, geflüchtete besuchen Willkommensklassen und überhaupt hat jedes Alter eine eigene Klassenstufe, eine gesonderte Gruppe. Dabei werden alle schön nach ihrem vermeintlichen Können sortiert – weniger jedoch nach ihren eigentlichen Bedürfnissen. Ziel? Eine besonders ökonomische Betreuung. Doch wo kann hier Begegnung stattfinden, wo ein Bild von Vielfältigkeit entstehen? Wie können die einen von den anderen lernen? Mit diesen Fragen sind wir mittendrin im Thema Inklusion.

Inklusion bedeutet, dass alle Menschen die Wahl und Chance bekommen teilzuhaben. Teilzuhaben an den Bereichen, die für sie relevant sind. Zum Beispiel hat jeder Mensch das Recht auf Bildung. Wenn ein Kind mit Lernschwierigkeiten jedoch auf eine Förderschule geht, bekommt es evtl. einen minderwertigeren Schulabschluss als an der Regelschule. Das führt wiederum dazu, dass sich seine:ihre Job-Chancen verschlechtern. Die Inklusion fordert demnach, dass ein Kind mit Lernschwierigkeiten zumindest die Wahl bekommt, an welche Schule es gehen möchte.

Die Regelschule muss dann wiederum die Voraussetzungen dafür schaffen, dass dieses Kind dort lernen kann. Auch wenn es (auf den ersten Blick) andere Bedürfnisse beim Lernen hat, als nicht behinderte Mitschüler:innen.

Inklusion ist also das Gegenteil von Exklusion (Ausschluss).

Sie versucht, die Umgebung so zu gestalten, dass möglichst alle Menschen mitmachen können. Das kann in Form einer Rampe für Rollifahrer:innen sein. Oder indem eine Internetseite barrierefrei gestaltet wird, sodass auch blinde Personen sie nutzen können. Oder indem es gendergerechte Toiletten gibt, sodass sich auch nichtbinäre Personen wohl und sicher fühlen. Oder indem es auf jeder Veranstaltung ganz selbstverständlich Gebärdendolmetscher:innen gibt, sodass auch taube Personen alles verstehen. Oder indem jedes Kind, unabhängig vom Einkommen der Eltern, an Klassen- und Bildungsfahrten teilnehmen und hochwertigen Unterricht erhalten kann.

Inklusion vs. Integration vs. Exklusion

Im Verständnis von Inklusion sind alle Menschen bunt, unterschiedlich und verschieden – und damit wiederum gleich. Es lässt sich keine einzelne, abtrennbare Gruppe ausmachen. Bei der Integration wird hingegen gefordert, dass sich eine bestimmte Gruppe in die Mehrheit einordnet und anpasst. Die Mehrheit muss dafür wenig tun, die besagte Gruppe dafür umso mehr. Bei der Exklusion hat die außenstehende Gruppe erst gar keinen Zugang zur Mehrheitsgruppe – sie verbleibt als Zuschauerin am Rand.

Quelle: https://www.aktion-mensch.de/dafuer-stehen-wir/was-ist-inklusion

So gelingt Inklusion

Damit Inklusion gelingen kann, braucht es die Unterstützung aller. In einer inklusiven Schule müssen…

  • bauliche Voraussetzungen geschaffen werden,
  • die Lehrkräfte brauchen Unterstützung und Wissen
  • die Schüler:innen brauchen Sozialkompetenz
  • und der Rahmenlehrplan muss flexibel gestaltet werden dürfen.

Wenn die Umgebung – dazu gehört alles Aufgezählte und mehr – so gestaltet ist, dass möglichst viele Perspektiven mitgedacht wurden, dann können auch Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen teilhaben.

Wer sich tiefer mit dem Thema befassen und Inklusion in die eigene Praxis umsetzen möchte, findet im „Index für Inklusion“ weitere Informationen (https://www.aktion-mensch.de/inklusion/bildung/impulse/index-fuer-inklusion)

Montessoris Blick auf Kinder mit besonderen Bedürfnissen

Passen der Inklusionsgedanke und die Montessori Grundsätze zusammen? Wer sich schon ein wenig mit der Montessori Pädagogik auskennt, wird bereits aufgefallen sein, dass sich einige Inklusionsgedanken sehr vertraut anhöhren. Montessori und Inklusion – das passt zueinander.

Maria Montessori hat erkannt, dass JEDES Kind von umfassender Zuwendung und Förderung profitiert.

Die Grundprinzipien der Montessori Pädagogik eignen sich hervorragend, um den Inklusionsgedanken umzusetzen. Drei der Prinzipien, die die Inklusion besonders stützen, werden hier vorgestellt:

  1. Die vorbereitete Umgebung
  2. Die Altersmischung & soziale Erziehung
  3. Freiheit und Freiarbeit

1. Die vorbereitete Umgebung

Diese besteht aus den Räumlichkeiten, den Erzieher:innen bzw. Lehrkräften und dem Material.

a. Montessori Räumlichkeiten zeichnen sich durch eine kindgerechte und geordnete Einrichtung aus, in der sich Kinder eigenständig zurechtfinden können. Dabei hat jeder Gegenstand seinen festen Platz und der Raum ist im Allgemeinen nicht überladen, sondern übersichtlich. Gleichzeitig soll die Einrichtung z. B. durch Bilder, Vorhänge, Teppiche und Pflanzen gemütlich und einladend gestaltet sein. Mehr zur Einrichtung eines Kindgerechten Zimmers findest du im Beitrag Montessori Kinderzimmer. Insbesondere der übersichtlich gestaltete Raum kommt auch Kindern mit kognitiven Einschränkungen zugute und erleichtert somit Inlusion auf räumlicher Ebene.

b. Montessori Material zeichnet sich dadurch aus, dass es eine einzelne Eigenschaft hervorhebt. Zum Beispiel eine Form oder eine Funktion. Außerdem besitzt es einen hohen Aufforderungscharakter, der das Kind zur Wiederholung anregt. Und es gibt zudem Rückmeldung, wenn das Kind einen Fehler gemacht hat. Das Kind kann sich somit eigenständig korrigieren. Zuletzt soll das Montessori Material ästhetisch sein, indem es robust, schlicht und anziehend wirkt. Auf dieser Seite findest du Montessori inspiriertes Material für jedes Alter.

c. Das Ziel der Erzieher:innen oder Lehrkräfte ist, dass das Kind unabhängig und selbstständig arbeiten kann. Zu diesem Zwecke richten die Erwachsenen die Umgebung so her, dass sich das Kind entfalten kann. Dabei muss der:die Erwachsene passiv werden, damit das Kind aktiv wird und vor allem ungestört handeln darf. Die Kinder sollen ihre Probleme möglichst selbst lösen – das erfordert viel Geduld und ab und an auch Risikobereitschaft seitens der Erzieher:innen. Gleichzeitig nimmt es jedoch auch den Druck raus, dass alle Kinder (zu-) gleich betreut werden müssen.

2. Altersmischung und soziale Erziehung

Auch dieses Prinzip passt wunderbar zur Inklusion. In der Montessori Pädagogik gelten altersgemischte Gruppen als Vorteil von dem sowohl die jungen als auch die älteren Kinder profitieren. Beide Gruppen lernen voneinander – sei es Rücksichtnahme und Wissensvermittlung (ältere Kinder) oder das Lernen von den Großen (jüngere Kinder). Zudem ist jedes Material nur in begrenzter Menge vorhanden, sodass sich die Kinder bei der Nutzung absprechen und geduldig abwarten müssen. Diese Art des voneinander Lernens lässt sich auch auf andere Vielfaltsgruppen übertragen: Denn überall dort, wo Unterschiedlichkeit aufeinandertrifft, kann ein gemeinsamer Lernraum entstehen. Diese Art von Lernraum kann nur vorbereitet, nicht jedoch kontrolliert werden. Das voneinander Lernen passiert im gemeinsamen Alltag und dadurch ganz natürlich.

3. Freiheit und Freiarbeit

In der Montessori Pädagogik ist Freiheit geleichbedeutend mit Entwicklungsfreiheit. Das heißt vor allem, dass sich jedes Kind im eigenen Tempo, nach seinem eigenen Zeitplan entwickeln darf. Im gemeinsamen Alltag mit dem Kind überlässt der:die Erwachsene diesem die freie Wahl womit es sich wie lange beschäftigen möchte. Diese Art des Unterrichts gibt Kindern mit ganz unterschiedlichen Fähigkeiten die Möglichkeit in einem Raum zu lernen.

Fazit

Alle drei genannten Prinzipien unterstützen also die Anforderungen einer Inklusiven Umgebung. Während in der Regelschule Frontalunterricht und große Klassenstärken individuelles Lernen erschweren, kann dies im Rahmen der Montessori Pädagogik leichter umgesetzt werden. Die Kinder kommen selbstständig an ihre Materialien, dürfen sich diese nach den eigenen Bedürfnissen aussuchen und erhalten sowohl von den Erwachsenen als auch von ihren Mitschüler:innen Unterstützung. Die „Last“ der Verantwortung wird somit auf mehreren Schultern verteilt.

Gemischte Gruppen (z.B. hinsichtlich Alter, Geschlecht, Herkunft, Entwicklungsstand etc.) werden grundsätzlich als Bereicherung empfunden. Vielfalt fördert das soziale Miteinander und die Sozialkompetenz jedes einzelnen Kindes. Das Grundprinzip der Entwicklungsfreiheit, nachdem jedes Kind ein Recht auf sein eigenes (Lern-) Tempo hat, ermöglicht eine bunte Klassenmischung. Welche Schlussforlegrung ziehen wir daraus? Dass ein behindertes Kind nicht an der Regelschule zurechtkommt, liegt nicht am Kind selbst. Viel entscheidender ist die (vorbereitete) Umgebung, die Funktion und Rolle des pädagogischen Fachpersonals und die Grundhaltung einer Institution gegenüber Vielfalt und Unterschiedlichkeit. Kommen diese Aspekte, wie hier beschrieben zusammen, kann es jedem Kind ermöglicht werden teilzuhaben.

Quellen

  • Eckert, E. (Ed.). (2010). Inklusion: Menschen mit besonderen Bedürfnissen und Montessori-Pädagogik (Vol. 28). LIT Verlag Münster.
  • Venohr, D. (2015). Inklusion in der Montessori-Pädagogik. Verlag Herder.
  • Hellbrügge, T., & DATTKE, J. (2012). Vorzüge der Montessori-Pädagogik für die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Kinder im Schulalter: Verhaltensstörungen–Lernprobleme–Normabweichungen, 130-144.